Die Erzählungen stellen Zusammenhänge zwischen den vielfältigen Spuren her, welche die koloniale Geschichte in der Stadt hinterlassen hat. Sie verweisen auf historische Ereignisse und berichten über das Wirken diverser Akteure des Kolonialismus.
Die Erzählungen stellen Zusammenhänge zwischen den vielfältigen Spuren her, welche die koloniale Geschichte in der Stadt hinterlassen hat. Sie verweisen auf historische Ereignisse und berichten über das Wirken diverser Akteure des Kolonialismus.
1889 griffen französische Truppen Dahomey (heute: Benin) an. In den Verteidigungsreihen der Dahomey befanden sich zahlreiche Frauen. Die Soldatinnen beschäftigten sogleich die europäische Fantasie. Im Februar 1891 sah der britische Unternehmer J. Hood die Chance, die europäische Neugierde zu Geld zu machen und brachte 24 Frauen nach Paris, die als „Amazonen“ angekündigt wurden. In Deutschland wurde die Gruppe als „Amazonen-Corps“ bezeichnet und war Gegenstand breiter Berichterstattung. 1892 gastierte die Truppe in München in den Centralsälen (Neuturmstraße 1) und im Gärtnerplatztheater, während Frankreich gleichzeitig in Dahomey einen Kolonialkrieg führte.
Unter den Schausteller*innen befand sich auch eine 17 Jahre alte Frau namens Cula. Sie starb am 13. November 1892 während ihres Aufenthaltes in München an einer Lungenentzündung und wurde am Alten Südlichen Friedhof beerdigt. Wie aus Berichten der Anthropologischen Gesellschaft hervorgeht war die Leiche Culas vor der Beisetzung untersucht worden, vermutlich wurde sogar das Gehirn entnommen. Die Beerdigung geriet zum Massenspektakel. Laut zeitgenössischen Berichten versammelten sich Tausende Münchner*innen am Grab, um die Beisetzung sehen zu können. Ungeachtet der großen voyeuristischen Ansammlung hielt Culas Bruder eine bewegende Grabrede:
Grabrede von Culas Bruder
"Cula, wir alle stehen mit großem Schmerz an deinem Grab, vergib uns, wenn wir dir etwas böses getan haben, du bist mit uns aus der schönen Heimat in dieses Land gegangen, in der Hoffnung, dass du, so wie alle, wieder heil heimkehren würdest. Nun ist aber alles anders gekommen. Du bist tot. Wir trauern alle um dich. Warst du wirklich so krank, dass du sterben musst, dann sind wir zufrieden. Wenn man dich aber vergiftet hat, dann ruhe solange nicht in deinem Grab und verfolge die Bösen bis du gerächt wirst. Lebe wohl. Schlafe in fremder Erde. Wir gedenken auch dann deiner, wenn wir wieder in unsere Heimat zurückgekehrt sein werden."
Das Grab wurde 1921 aufgelassen und die Gebeine Culas der Anthropologischen Prähistorischen Sammlung überlassen. Wahrscheinlich befinden sie sich dort immer noch.
CentralsäleEhemaliges Grab von CulaGärtnerplatztheater